In diesem Fachartikel erfahren Sie, wie Sie – ohne die Gründung eines Unternehmens in Indien – eine steuerliche Betriebsstätte sowie Quellensteuer vermeiden.

Zahlreiche Unternehmen kontaktieren uns mit dem konkreten Wunsch einer Firmengründung in Indien. In den ersten Gesprächen erfahren wir, welches Problem primär damit gelöst werden soll: Man bedarf eigenes Personal für Vertriebs- und/oder Servicetätigkeiten in Indien.

Um vor Ort tätig zu werden, braucht es per se weder eine lokale Niederlassung, noch ein Liaison Office.

Eigenes Personal – externe Agentur

Für Mittelständler (mit überschaubaren Umsätzen in Indien) macht die Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft wirtschaftlich oft auch gar keinen Sinn. Mit deren Verwaltung fallen nicht zu vernachlässigende zeitliche und monetäre Aufwände an (Stichwort Compliance).

Selbstverständlich ist es nicht möglich, indische Mitarbeiter direkt aus Europa zu bezahlen. Da würde unmissverständlich sofort eine steuerliche Betriebsstätte entstehen, um nur ein Problem beim Namen zu nennen.

Um eigene Arbeitskräfte in Indien (indirekt) zu beschäftigen, ist die Zusammenarbeit mit einem unabhängigen Dienstleister wohl die beste und finanziell/administrativ attraktivste Lösung. Über unsere indische Tochterfirma WB Trade and Services Pvt. Ltd. (WBTS) bieten wir unseren Kunden genau diese Möglichkeit an.

Über ein Hosting- bzw. Dienstleistungsmodell stellen wir das rechtlich notwendige Framework zur Verfügung um Personal anzustellen, es zu bezahlen und alle Steuern und Abgaben ordnungsgemäß abzuführen. Obwohl bei WBTS beschäftigt, arbeiten die Mitarbeiter klarerweise exklusiv für unsere Kunden. Um hier eine steuerliche Betriebsstätte auszuschließen, tritt unsere Gesellschaft – und nicht unser Kunde – als Vertragspartner in Indien auf.

Steuerrechtliche Risiken bei der Erbringung von Dienstleistungen in Indien

Das Thema steuerliche Betriebsstätte wurde hier bereits ausführlich diskutiert. Der indische Gesetzgeber (bzw. das Doppelbesteuerungsabkommen) erkennt immer dann eine steuerliche Betriebsstätte, wenn Dienstleistungen die Dauer von sechs Monate überschreiten.

Gemäß dieser Regelung fallen unter Umständen auch Service (Level) Agreements – und im schlimmsten Fall auch (rechtlich verbindliche) Garantieleistungen – darunter und wären damit in Indien zu versteuern.

Da sich aber in den seltensten Fällen die Service-Komponente von der Warenlieferung finanziell klar abgrenzen lässt, „infiziert“ die Dienstleistung auch die Warenlieferung. Damit wird das gesamte Geschäft in Indien steuerpflichtig (siehe auch Fachartikel „Monatagebetriebststätte für Maschinenbauer“).

Daher muss – ungeachtet der eigenen Strukturen vor Ort – bei der Vertragsgestaltung zwischen Indien und Europa penibel darauf geachtet werden, jede Art von Service von der Warenlieferung zu lösen. Die Dienstleistung darf ausschließlich durch eine indische Gesellschaft verrichtet, und nicht dem europäischen Exporteuer zugerechnet werden (können). Das verhindert nicht nur eine steuerliche Betriebstätte, sondern auch die Einbehaltung der Quellensteuer:

Quellensteuer beim Dienstleistungsexport (Tax Deduction at Source – TDS)

Auf Grundlage des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) werden Honorare etc. für (technische) Dienstleistungen im Empfängerland besteuert. Allerdings hat das Land, aus dem die Zahlung erfolgt – also Indien –, das Recht eine Quellensteuer (Withholding Tax) in Höhe von 10 Prozent einzubehalten. Die zahlende indische „Person“ ist für den Steuereinbehalt verantwortlich und haftbar.

Demgemäß behält das indische Unternehmen beim Kauf einer Dienstleistung aus dem Ausland 10 bis 20 Prozent der Auftragssumme ein (um diesen Anteil an das Finanzamt abzuführen). Kann es allerdings nicht eindeutig ausschließen, dass der Zahlungsempfänger über eine steuerliche Betriebsstätte in Indien verfügt, wird das Unternehmen bis zu 42 Prozent des Rechnungsbetrages (entspricht der indischen Steuerquote) einbehalten.

Egal ob rechtens oder willkürlich: Diese Rechtslage verschiebt die Verhandlungsmacht massiv zu Gunsten des indischen Kunden und bringt den Exporteur mitunter massiv in Bedrängnis. Wir haben es öfter als einmal erlebt, dass durch indische Firmen europäische Unternehmen auch wirtschaftlich in existenzielle Probleme gerieten.

Fazit: Contract Splitting und Zusammenarbeit mit Agenturen

Sowohl bei der Beschäftigung von Personal vor Ort in Indien, als auch bei der Erbringung von Dienstleistungen gilt: Bei der Vertragsgestaltung zwischen Lieferanten und Kunden ist entsprechende Sorgfalt und Weitsicht notwendig. Denn nur wenn Warenlieferung und Dienstleistung (Montage, Service, etc.) klar voneinander getrennt sind, und die Dienstleistung durch eine unabhängige indische Gesellschaft erbracht wird, können die steuerliche Betriebsstätte und Quellensteuer vermieden werden.

Daher ist es für Direktexporteure auch unerlässlich mit unabhängigen Dienstleistern zusammen zu arbeiten, die als Service-Agenturen in Indien Dienstleistungen erbringen – mit oder ohne eigene Mitarbeiter.

Achtung: Auch eine eigene indische Tochtergesellschaft schützt Sie NICHT davor, dass in Indien eine steuerliche Betriebsstätte (der Mutterfirma) entsteht. Auch hier gelten die gleichen Grundsätze des Contract Splittings (siehe oben).

Wenn Sie weitere Fragen dazu haben, kontaktieren Sie die Fachexperten unseres Fachbereichs.