Wir haben mit Simona Jadronova über den Wandel der Lieferketten in Indien gesprochen. Sie ist Vice Director der INTORQ India Pvt. Ltd., einem Unternehmen, das global zuverlässige Bremsen- und Kupplungslösungen anbietet.

 

Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass wir alle – ganz unabhängig von der Branche und Dienst-leistung – plötzlich Risken und Krisen ausgesetzt sein können. Waren Sie darauf vorbereitet?

Simona Jadronova: Natürlich nicht, niemand hätte auch nur ahnen können, dass so etwas passiert. Auf die Home Office-Umstellung waren wir nicht vorbereitet. Nicht alle unsere Mitarbeiter waren mit Laptops etc. ausgestattet. Es war eine plötzliche und schockierende Nachricht/Veränderung für uns alle. Aber wir haben es geschafft und gelernt, uns anzupassen und auf Risiken und Krisen zu reagieren. Es braucht das ganze Team, damit etwas funktioniert, jeder Einzelne zählt. Und wir haben versucht, all unsere Kräfte zu bündeln und auf jede mögliche und potenzielle Veränderung, die sich drastisch auf unser Unternehmen und unser Wachstum auswirken könnte, prompt zu reagieren. Wir haben es geschafft, keinen einzigen Mitarbeiter zu entlassen und allen die Gehälter zu zahlen, selbst während der Schließung. Und mit jedem Monat waren wir besser auf neue Situationen und ähnliche Geschehnisse vorbereitet. Unsere Arbeitsweise hat sich an Stress- und Risikofaktoren angepasst. Ich bin sehr stolz auf mein Team, dass alle so gut zusammengearbeitet haben.

Welche Konsequenzen zieht Ihr Unternehmen aus der Krise für das Unternehmen selbst, aber auch für die Mitarbeiter? Haben Sie Schutz-maßnahmen entwickelt, die weiterhin gelten/gelten werden?

Simona Jadronova: Nun, wir haben einige Schutz-maßnahmen entwickelt, wie zum Beispiel: Kontrolle der Temperatur, ständiges Tragen einer Maske, Gesichtsschutz (in der Produktion), soziale Distanzierung. Die Büros werden desinfiziert und überall ist Desinfektionsmittel zu finden. Außerdem sind all unsere Mitarbeiter und ihre Familien-angehörige inzwischen vollständig geimpft. Wir als Unternehmen haben die Impfaktion für sie organisiert. Unsere Mitarbeiter hatten die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, was für einige von ihnen eine völlig neue Erfahrung war. Und natürlich müssen wir aufpassen, dass dies nicht missbraucht wird. Jetzt wissen wir, dass wir auch von zu Hause aus arbeiten können (Büroangestellte), aber die Produktion kann natürlich nur in der Fabrik stattfinden. Wir haben aber auch gelernt, dass wir produktiver sind, wenn wir vor Ort in der Fabrik arbeiten, weil wir den gesamten Prozess und auch die anderen Kollegen sehen können.

Konnten Sie negative Folgen der Krise vermeiden?

Simona Jadronova: Ja, es ist uns gelungen, negative Folgen zu vermeiden. Wir haben schnell reagiert und alles angepasst, bevor wir in den zweiten Lockdown gehen mussten. Damit haben wir eigentlich nur einen Monat verloren, in dem wir während der gesamten Pandemie nicht einsatzfähig waren.

In vielen Branchen sehen wir, dass Krisen auch Umstrukturierungen und Veränderungen anstoßen und beschleunigen. Welche Konse-quenzen ziehen Sie aus den letzten Monaten?

Simona Jadronova: Wir als Produktionseinheit brauchten nicht wirklich eine große Um-strukturierung. Für uns war es eher eine mentale Veränderung und das Verstehen und Akzeptieren der neuen Situationen, Herausforderungen und Möglichkeiten, Geschäfte zu machen. Wir mussten uns an die Tatsache gewöhnen, dass mehr online und per Zoom geschieht. Die einzige große Veränderung war, dass alle Kundenbesuche über Videocalls abgewickelt wurden. Das war tatsächlich eine große Veränderung, aber es hat uns auch gezeigt, dass dies effizienter und umwelt-freundlicher sein kann, da weniger Reisen angetreten werden.

Veränderungen haben gute und schlechte Seiten. Es kommt immer auf die Perspektive an. Ich versuche, jede Veränderung als positiven Weg nach vorn zu sehen und sie bestmöglich anzupassen.

Die Lieferketten verändern sich nicht erst seit der Covid-19 Pandemie. Seit Jahren gibt es einen Wandel – die Supply Chain wird immer komplexer. Welche Änderungen mussten Sie bereits aufgrund von externen Einflüssen vornehmen? Welche Änderungen sind künftig geplant?

Es stimmt, dass es immer komplexer wird. Aber für uns ist es mehr oder weniger dasselbe. Wir mussten bei uns keine drastischen Änderungen vornehmen. Bislang sind keine Änderungen geplant.

Die Zusammenarbeit mit Lieferanten in Indien – ein schwieriges Thema?

Simona Jadronova: Ein sehr schwieriges Thema. Und ich denke, es ist für jedes ausländische Unternehmen schwer zu verstehen, dass solche Probleme überhaupt auftreten. In Deutschland braucht man zum Beispiel nicht wirklich eine extra Position für Nachfassaktionen. Es ist selbst-verständlich, dass man eine Auftragsbestätigung erhält. Das Material wird pünktlich zum vereinbarten Termin geliefert. Hierzulande muss man selbst dann, wenn man eine Bestellung aufgibt und der Lieferant sie bestätigt, jeden Tag nachfassen und selbst dann kann man nicht

sicher sein, dass das Material pünktlich geliefert wird. Das Gleiche gilt für die Qualität, sie ist nie konstant. Und ich frage mich, warum die allgemeine Einstellung dementsprechend ist: Es wird verstanden und akzeptiert, dass es so ist, wie es ist. Es hat sich auch in den letzten Jahren nichts geändert…

Corporate Social Responsibility – inwiefern spielt das Thema bereits eine Rolle in Ihrem Unternehmen?

Simona Jadronova: Ja, CSR ist ein großes und wichtiges Thema in unserem Unternehmen. Wir erklären unserem Team die Notwendigkeit und die Bedeutung für unsere Zukunft. Als Unternehmen führen wir auch Veranstaltungen und Aktivitäten durch, in die wir alle Mitarbeiter einbeziehen. Wir haben unter anderem dazu beigetragen, Sauerstoff-geräte für Indien zu kaufen, als diese während der Pandemie nicht verfügbar waren. Außerdem haben wir kürzlich neue Bäume entlang unserer Fabrik gepflanzt. Jeder Mitarbeiter hat sich einen Baum ausgesucht, ihn gepflanzt und muss sich auch das ganze Jahr über um den Baum kümmern. Es wird mit der Notwendigkeit einer gesunden Umwelt in Verbindung gebracht und warum Bäume wichtig sind. Die Aktion hat sich als großartige Teamarbeit erwiesen.

Außerdem organisieren wir Veranstaltungen und Aktivitäten zum Thema Müll und wie wichtig es ist, ihn nicht irgendwo wegzuwerfen, sondern richtig zu entsorgen.

Wie schätzen Sie die Wettbewerbssituation ein? Denken Sie, das Gesetz zur CSR sollte für alle verpflichtend sein – auch für kleinere Unter-nehmen?

Simona Jadronova: Das Gesetz sollte immer für alle verbindlich sein. Warum sollte man Unterschiede machen. Jeder sollte das Gleiche bekommen und geben. Aber wir sind in Indien… es ist nie für alle das Gleiche. Es gibt immer bestimmte Gruppen, die es auf die eine oder andere Weise leichter haben.

 

 

Vielen Dank für das Interview und den Einblick in Ihr Unternehmen!