Wie unterschiedliche Erfahrungen zu folgenschweren Fehlentscheidungen führen können 

Wer die Entwicklung indischer Geschäftspraktiken und Verhaltensmuster über Jahre verfolgt hat, wird sicher feststellen, dass die Unterschiede zwischen westlichen und indischen Unternehmen kleiner geworden sind. Dabei spielt die Globalisierung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Dürfen wir daraus schließen, dass interkulturelle Aspekte eher zu vernachlässigen sind? Oder anders gefragt: Können wir davon ausgehen, dass westliche Führungs- und Steuerungsmodelle ohne weiteres auf Indien übertragbar sind? 

Um diesen Aspekt besser beurteilen zu können, hier einige Beispiele aus der Alltagspraxis, die vor allem bei der Auswahl von Führungspersonen in Indien eine Rolle spielen können. 
 

Unterschiede in der persönlichen Haftung

Die Rechte und Pflichten eines Managing Directors (MD) einer Pvt.Ltd. India können sich von denen in anderen Ländern unterscheiden, insbesondere im Hinblick auf Fragen der persönlichen Haftung. Öffentlich sichtbar werden diese Besonderheiten immer dann, wenn indische Behörden einen bekannten westlichen Manager bei bestimmten Vergehen (z.B. bei Steuerschulden, in Compliance-Fällen) mit Untersuchungshaft und längeren Gerichtsprozessen „aus dem Verkehr ziehen“. Was aus unserer Sicht nach Willkür anmutet, ist geltendes Recht und sollte u.a. bei der Auswahl von Führungskräften wohl überlegt sein, um keine „bösen“ juristischen Überraschungen zu erleben. [WB Artikel „CEO, Managing Director, General Manager, Country Head…?-Titel und Unternehmenspositionen in der indischen Pvt. Ltd. Company]

Unterschiedlichen Organisationsmodelle

Viele internationale Unternehmen verfügen über eine Matrix-Organisation, die als „Standard-Organisationsmodell“ auch in Indien verbindlich angewendet werden soll. In der Praxis bedeutet dies häufig, dass zwei oder mehrere lokale Organisationseinheiten gleichberechtigt an bestimmte Fachbereiche in der Zentrale berichten.  

Ein Problem entsteht jedoch, wenn es in Indien keine Leitungsfunktion gibt, die als „Klammer“ zwischen diesen Organisationseinheiten fungiert und in dieser Funktion übergeordnete Gesichtspunkte mit einbezieht sowie sicherstellt, dass es keinen internen Wettbewerb oder keine Zielkonflikte unter den jeweiligen Einheiten gibt. Der Auslöser für solche Probleme ist in der Regel ein kulturell bedingtes, unterschiedliches Hierarchieverständnis – von einer reflexartigen Übernahme internationaler Organisationsmodelle nach Indien ist daher abzuraten. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass indische Behörden in der Regel voraussetzen, dass es einen einzigen Gesamtverantwortlichen für Indien gibt, was bei der Wahl einer geeigneten Organisationsstruktur vom europäischen Stammhaus bedacht werden sollte.  

Besonderheiten bei der Personalstrategie

Die Tatsache, dass Hierarchien in Indien eine sehr bedeutende Rolle spielen, hat ebenso einen wesentlichen Einfluss auf die Personalplanung und -strategie und letztlich auf das Führungsverhalten eines Managers. Bekannte westliche Führungsmodelle wie „Teamwork“ oder „Multi-Tasking“ führen in Indien schnell ins Abseits, wenn diese ohne sorgfältige Vorbereitung 1:1 umgesetzt werden sollen.  

Ebenso wichtig ist, dass Organisationsstrukturen und Arbeitsplatzbeschreibungen auf ihre „Indien-Tauglichkeit“ geprüft werden. 

Zusammenfassung 

Westliche Führungs- und Steuerungsmodelle wie international gemachte Personalerfahrungen sollten vor ihrer Adaption nach Indien immer kritisch hinterfragt werden. Unsere langjährige Erfahrung vor Ort zeigt, dass bestimmte Organisationsstrukturen, Team- und Personalkonstellationen vorhersehbar zu großen Schwierigkeiten führen können. So sehr sich Indien in den letzten Jahrzehnten westlichen Standards angeglichen hat, so unterschiedlich ist es in vielen Bereichen noch [WB Artikel: „Abenteuer Personalsuche Indien“] 

Gerne unterstützen wir Sie bei der Entwicklung einer Organisationsstrategie für Indien und helfen Ihnen geeignete Fachkräfte für Ihr Unternehmen zu finden.  

Tauschen Sie sich mit unserem Senior Experten Werner Heesen [Profil Werner Heesen] aus, der in verschiedenen Führungspositionen auf drei Kontinenten für die Deutsche Lufthansa, zuletzt in der Position „Director South India“ gearbeitet und 13 Jahre spannende Jahre in Indien verbracht hat [WB Artikel WB Personalberatung für Indien: Die Stärken beider Kulturen miteinander verbinden!“].