Personalführung in Indien ist eine echte Herausforderung. Ein Beispiel für den Worst Case: Streik, Arbeitsniederlegung:
In folgendem realen Fallbeispiel können Sie erkennen wie schnell in Indien vermeintlich kleine Fehler eskalieren und sich zu schwer kontrollierbaren Krisen auswachsen können. Wir wollen Sie für deren subtile Auslöser sensibilisieren und Handlungsweisen aufzuzeigen um gröbere Probleme mit der Belegschaft präventiv zu vermeiden.
Ausgangslage: Kontinuität und Führungswechsel
Ein produzierendes Unternehmen in Indien unterhält seit Jahren ein problemloses Verhältnis mit der Muttergesellschaft in Deutschland und ihrer Unternehmensleitung. Die indische Niederlassung produziert gemäß dem Vorgaben konstant und in entsprechender Qualität – zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Dann kam es zu einer routinemäßigen Ernennung eines neuen (indischen) Geschäftsführers. Das Stammhaus entschied sich – nach bestem Wissen und Gewissen – für einen ambitionierten Kandidaten aus der Branche mit scheinbar guten Referenzen. Dieser überzeugt die deutsche Geschäftsleitung mit seinen ehrgeizigen Zielsetzungen. Er will am indischen Standort Produktivitätsreserven mobilisieren und die Abläufe optimieren.
Der Vulkanausbruch: Streik!
Der neue Manager nimmt seine Arbeit auf. Drei Monate danach kommt es zum bösen Erwachen. Im indischen Betrieb gibt es die ersten Arbeitsniederlegungen. Die Mitarbeiter beschweren sich bei der deutscher Firmenleitung über schlechte Behandlung und unterdurchschnittliche Bezahlung. Gleichzeitig treten diese einer lokalen indischen Industriegewerkschaft bei, die ab sofort als einziges „Sprachrohr“ zur Unternehmensleitung deren Interessen vertreten soll. Die Produktionskapazität am indischen Standort sinkt auf 50 Prozent der ursprünglichen Kapazität. Es besteht Gefahr Aufträge zu verlieren.
Versuche, durch direkte Gespräche der deutschen Muttergesellschaft mit den Mitarbeitern (ohne Gewerkschaft) Lösung zu erreichen, scheitern. Es kommt zum Zerwürfnis mit dem neu eingesetzten indischen Geschäftsführer. Dieser scheidet freiwillig aus dem Unternehmen aus. Die Probleme bleiben aber bestehen. Die Gewerkschaft – nunmehr einziger Mandatsträger – stellt erhebliche Forderungen. Das Unternehmen fühlt sich regelrecht erpresst.
Diagnose: Was ist passiert?
Durch den Führungswechsel in Indien hat auch ein Wechsel der Führungskultur stattgefunden. Der neue Geschäftsführer hatte offensichtlich weder den Willen, sich mit der aktuellen Situation im Betrieb auseinander zu setzen, noch die Bereitschaft, bestätigte Vereinbarungen zu erfüllen. Er ist bei der Umsetzung seiner Ziele mit zu wenig Fingerspitzengefühl vorgegangen, hat lokale Rahmenbedingungen des Standorts und (eventuell) ungeschriebene Gesetze nicht berücksichtigt. Auf gut Deutsch: Er ist über die Belegschaft „d’rüber gefahren“. Vermeintlich kleine Fehler und ungestümes Vorgehen des neuen Managers haben das Unternehmen letztendlich innerhalb von Wochen nachhaltig destabilisiert.
Situationen wie diese können in Indien rasch eskalieren. Streiks stehen auf der Tagesordnung. Nach Angaben des Labour Bureau gingen dadurch letztes Jahr 2,7 Millionen Manntage verloren, im Jahr 2012 waren es sogar 11,7 Millionen Manntage. Zusätzlich brachen mehrfach Arbeiterunruhen wegen unterschiedlicher Arbeitsbedingungen von Festangestellten und Leiharbeitern aus. 2012 kam es in einem Werk des Autobauers Maruti Suzuki zu Ausschreitungen, bei denen sogar ein Vertreter des Managements ums Leben kam und zahlreiche weitere Menschen verletzt wurden.
Prophylaxe: Wie lassen sich solche Entwicklungen vermeiden?
Um Konflikte mit der Belegschaft zu vermeiden, müssen Sie sich intensiv mit den Rahmenbedingungen vor Ort auseinander setzen. Die Bereitschaft ins Detail zu gehen und komplexe Abhängigkeiten zu durchschauen ist in Indien essentiell. Beschäftigen Sie sich mit dem Arbeitsmarkt im Allgemeinen und Ihren Mitarbeitern im Speziellen.
Es ist notwendig regelmäßig das Gehaltsgefüge der Mitarbeiter und deren Arbeitsbedingungen zu überprüfen – auch im Vergleich zum Wettbewerb. Nehmen Sie als Unternehmen Ihre soziale Verantwortung wahr und gestalten Sie aktiv das Arbeitsumfeld Ihrer Mitarbeiter. In Indien übernehmen Sie – mangels Sozialsystem – wesentlich mehr Verantwortung für Ihre Belegschaft und deren Familien. Ihre Mitarbeiter erwarten sich eine gewisse Unterstützung bei Bildung, Gesundheitsleistungen und Zukunftsvorsorge.
Prüfen Sie gemeinsam mit allen Stakeholdern vorab die Machbarkeit Ihrer Vorhaben. Legen Sie vorab die Vollmachten, Verantwortungen, Schnittstellen und Feedback-Prozesse fest. Kommunizieren Sie immer offen und binden Sie Ihre Mitarbeiter frühzeitig in Change Prozesse ein. Geben Sie selbst ernannten „Revolutions-Führern“ innerhalb der Belegschaft keine Munition sich gegen die Unternehmensführung aufzulehnen.
Um Krisen zu verhindern und Mitarbeiter nachhaltig zu motivieren, brauchen Sie eine gesamtheitliche proaktive Personalpolitik. Und Sie brauchen Führungskräfte, die diese Verantwortung wahrnehmen und ernst meinen. Daher muss die Auswahl von geeigneten Führungskräften mit besonderer Sorgfalt vorgenommen werden. Überprüfen Sie nicht nur die fachlichen Qualifikationen, sondern holen Sie unbedingt Referenzen ein, die Ihnen bestätigen, dass Ihr Kandidat auch die notwendigen sozialen und organisatorischen Eigenschaften mitbringt. Prüfen Sie Ihre Kandidaten auf Herz und Nieren. Denn falsche Personalentscheidungen können in Indien fatale Auswirkungen haben und bedürfen mitunter Jahre um die Fehler wieder zu korrigieren.
Krisen überwinden und Personalfehlentscheidungen vermeiden
Dr. Wamser + Batra ist auf das Lösen vorgenannter Probleme und Krisensituationen in Indien spezialisiert. Die Experten unserer Abteilungen „Human Resources“ & „Turnaround Management“ können entsprechende Verhandlungen mit der Gewerkschaft für Sie führen und Lösungen mit Ihrer indischen Belegschaft vereinbaren.
Unser Bereichsleiter für WB Human Resouces Werner Heesen, hat in seinen 14 Jahren als Geschäftsführer der Lufthansa Indien Eskalationen und Auseinandersetzung mit indischen Gewerkschaften erfolgreich gemeistert.
Ebenso steht im Fokus unserer Personalberatung, Sie vor Fehlentscheidungen bei der Personalsuche und -Auswahl in Indien zu schützen. Wir können Ihren Personalsuchprozess vor Ort umsetzen, aber ebenso ein Assessment Centre für Ihre bestehenden Kandidaten in Indien durchführen. Dabei werden sowohl die fachliche, als auch soziale, menschliche und organisatorische Eignung Ihrer Kandidaten überprüft.