Unser Kunde, ein weltweit produzierendes Maschinenbauunternehmen mit Konzernsitz in Deutschland, beabsichtigte den Bau einer neuen Produktionsanlage in Indien. Vor dem Hintergrund seiner jahrzehntelangen Auslandserfahrung, beauftragte er WB mit der Risikoanalyse des entsprechenden Ausschreibungsverfahrens.
Überprüfung des Ausschreibungsverfahrens
Als Indienexperten sind wir durch unser tägliches Geschäft darin routiniert, die besonderen Stolpersteine und Risiken, die eine Investition in Indien mit sich bringt, schnell zu identifizieren.
Nach einer entsprechenden Sichtung der vorhandenen Dokumente konnten wir zahlreiche Warnsignale ausmachen:
- Der Design- und Projektmanagementberater (DPMC), der den Zuschlag für die Ausschreibung erhalten hatte, verfügte über ein sehr geringes Stammkapital. Dies warf Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit auf.
- Der DPMC hatte Subunternehmer beauftragt. Eines dieser Unternehmen befand sich im Besitz eines engen Verwandten des DPMC-Eigentümers, was Fragen zum Auswahlverfahren für die Subunternehmer insgesamt aufwarf.
- Der DPMC hatte einen Teil der Bauarbeiten an einen Bauunternehmer weitervergeben. Nach Vertragsschluss behauptete dieser, nicht in der Lage zu sein, seinen technischen Verpflichtungen nachzukommen. Auch hier stellte sich die Frage nach dem Ablauf des Auswahlverfahrens. Warum wurde gerade dieses Bauunternehmen vom DPMC ausgewählt? Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der Vertrag schlussendlich auch noch einfach an eine Tochtergesellschaft des DPMC weiterübertragen worden war.
Analyse der Vertragsunterlagen
Nicht nur im Ausschreibungsverfahren selbst haben wir Risikopotentiale gefunden. Die von uns analysierten Verträge mit am Projekt beteiligten Baufirmen (Generalunternehmer, Elektrolieferanten etc.) wiesen ebenfalls Auffälligkeiten auf:
- In einigen Verträgen stimmte der Text der Aufträge nicht mit dem der Absichtserklärungen (letter of intent) überein. Da in den Aufträgen auch auf die Absichtserklärungen Bezug genommen worden war, führte dies zu erheblichen Unklarheiten in Bezug auf die tatsächlich geschuldeten Leistungen, deren Umfang, das Auftragsvolumen und die vereinbarten Zahlungsbedingungen. Zu einem späteren Zeitpunkt hätte diese Unschärfe zu erheblichen finanziellen Einbußen führen können. Wir rieten dem Kunden, den Text zukünftiger Aufträge umfassend abzuändern.
- Die Vereinbarung über den pauschalierten Schadensersatz (liquidated damages clause) war äußerst zweideutig in Bezug auf deren Fälligkeitszeitpunkt. Es war völlig unklar, wann ein Anspruch auf Zahlung des Schadensersatzes ausgelöst worden wäre, wann dieser fällig war. Dies ging so weit, dass sogar die Gefahr bestand, dass die Schadenspauschale tatsächlich überhaupt nie hätte gezahlt werden müssen.
- Abschlags- und Vorauszahlungen an Lieferanten sollten gegen sogenannte „Sicherheitsschecks“, also zur Sicherheit angebotene Verrechnungsschecks, erfolgen, was von uns als zu riskant für unseren Kunden erachtet wurde.
- Es stellte sich ferner heraus, dass Bürgschaften auf sogenannten „non-judicial stamp paper“ (d.h. kein gültiges Dokumentenpapier nach indischem Recht) ausgefertigt worden waren, was diese im Hinblick auf ihre rechtliche Vollstreckbarkeit wertlos machte.
Eigentumsverhältnisse am Baugrundstück
Bei Sichtung der Vorgänge zum Erwerb des Baugrundstücks für die geplante Produktionsanlage zeigten sich ebenfalls Risiken:
Das von unserem Kunden erworbene Grundstück bestand ursprünglich aus mehreren Parzellen. Diese gehörten unterschiedlichen Parteien, u.a. mehreren Mitgliedern einer Familie und Firmeninhabern. Nach einer Reihe von Grundstücksverkäufen wurde aus diesen Parzellen dann das von unserem Kunden erworbene Baugrundstück zusammengesetzt. In verschiedenen Abschnitten der zugehörigen Kaufurkunde waren jedoch die Verkäufer der Parzellen unterschiedlich benannt. Wären diese Personen, so wie aufgeführt, tatsächlich korrekt benannt gewesen, hätte die Gefahr von Rechtsproblemen mit mehreren Eigentümern bestanden.
Unser Kunde hätte nicht die Gewissheit gehabt, tatsächlich rechtmäßiger Eigentümer des kompletten Grundstücks geworden zu sein. Wir rieten unserem Kunden zu überprüfen, ob und wenn ja welche Vereinbarungen in Bezug auf die nicht übereinstimmenden Eigentümernamen vorhanden sind. Damit zukünftig Rechtsunsicherheiten in Bezug auf die Eigentümerstellung unseres Kunden vermieden werden, war es geboten dies rechtlich umfassend abzuklären.
Investitionen in Indien können sehr lukrativ für Ihr Unternehmen sein – wenn man sich bestimmter Risiken bewusst ist und diese frühzeitig beherrscht. Ein praxisbezogenes Risikomanagement zahlt sich für Sie aus. Risiko als Chance begreifen. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.