Wer als deutscher Produzent nach Indien geht, sieht sein „Made in Germany“ allgemein als großen Vorteil gegenüber Waren von indischen Wettbewerbern an. Damit hat er auch Recht, denn wenn es um Qualität und Zuverlässigkeit geht, vertrauen auch Inder gerne auf deutsche Ingenieurskunst. Dass es aber dazu kommen kann, dass die Produkte einen „zu guten Ruf“ haben, war auch uns neu. Eine wahre Anekdote aus der Praxis der Dr. Wamser + Batra GmbH

Indien WerkzeugeIndien Automobilindustrie

Ein deutscher Werkzeughersteller folgt seinem Kunden aus der europäischen Automobil-Industrie nach Indien und baut dort eine Niederlassung auf, um seine Partner und die indischen Neukunden (Fahrzeugproduzenten) vor Ort besser bedienen zu können. Vorbildlich wurde ein erfahrener indischer Geschäftsführer, der zuvor Vertriebsleiter beim größten indischen Wettbewerber war, angeheuert. Man wollte ja von dessen Markt-Knowhow und Kontakten profitieren und den Markt im größeren Stil bedienen. Mit seiner Hilfe wurde in Indien ein entsprechendes Lager mit den deutschen Produkten aufgebaut und das Geschäft aufgenommen. Nach wenigen Monaten stand das Unternehmen jedoch knapp vor dem Aus. Was war passiert?

Deutsche Marke als Problem

Der größte indische Neukunde – der größte indische Automobilhersteller – bestellte einmalig in beträchtlicher Menge, um dann danach keine weiteren Produkte mehr abzurufen. Die Einkäufer beim Kunden mussten gestehen: „Eure Werkzeuge eignen sich hervorragend für unseren Einsatz. Doch leider sind sie zu gut! Unsere eigene Belegschaft klaut sie, im Durchschnitt nach nur einer Woche, um sie sich zuhause an die Wand zu hängen! Was bringen uns Eure Qualitäts-Produkte, wenn sie so schnell wieder verschwinden? Das wird uns auf die Dauer zu teuer. Dann müssen eben unsere Mitarbeiter wieder mit dem ‚schlechten Kram‘ auskommen“.

Die teure deutsche Markenware wurde schlichtweg vom Personal als Statussymbol mit nach Hause genommen. Das konnte und wollte sich der indische Kunde natürlich nicht leisten und musste somit wieder auf Qualitäts-Werkzeuge „Made in Germany“ verzichten. Der Ausfall des größten indischen Kunden hätte einen gewaltigen wirtschaftlichen Schaden für den deutschen Hersteller bedeutet und das Unternehmen in Indien von Grund auf in Frage gestellt.

Wer hätte gedacht, dass ein international bekannter deutscher Markenname in Indien zum geschäftsschädigenden Hindernis werden kann – wo doch deutsche Qualität gerade in Indien einen derart guten Ruf besitzt? In diesem Fall offensichtlich einen zu guten…

Genial einfache Lösung: kleine Anpassung mit großer Wirkung

Nun kamen wir ins Spiel. Dr. Wamser + Batra wurde beauftragt, Lösungen für einen „Turnaround“ zu identifizieren und umzusetzen, um letztendlich das Indien-Geschäft des deutschen Werkzeugherstellers zu retten. Es klingt paradox, aber es war letztendlich die einfachste und effektivste Lösung, die qualitativ hohen deutschen Produkte in einen unbekannten indischen Namen „umzulabeln“ um die deutsche Statusmarke verschwinden zu lassen.

Seitdem werden die gleichen guten Werkzeuge an den indischen Automobilhersteller unter einem neugeschaffenen indischen Markennamen vertrieben. Damit bekommt der indische Automobilhersteller wieder die von ihm geschätzten qualitativ hohen, deutschen Werkzeuge (zu deutschen Preisen!), ohne dass diese von der Belegschaft weiterhin gestohlen werden – die Statussymbolik fehlt.

Die eigene Marke, die über Jahrzehnte mühsam aufgebaut und auf der ganzen Welt ein „Asset“ ist, in Indien über Bord werfen zu müssen, ist gewiss keine einfache Entscheidung. Und Sie können sich vorstellen, welcher politischen Diskussionen es im deutschen Stammhaus bedurfte, um diesen Schritt zu gehen. Aber in Indien bedarf es oft ganz unkonventioneller Entscheidungen um erfolgreich zu sein. In diesem Fall gelang es uns mit einer äußerst einfachen Anpassung, ein Produkt „fit für den indischen Markt“ zu machen.

WB turnaround management® – Qualitätsberatung der Dr. Wamser + Batra GmbH zu wirtschaftlich schwierigen Situationen deutscher Mittelständler in Indien. Wir analysieren gemeinsam mit Ihnen etwaige Hemmnisse, unerkannte Probleme und identifizieren passende Optimierungsmöglichkeiten. [weiter]