In den letzten Monaten wurden viele europäische Unternehmen von der Einführung neuer Standards in Indien überrascht. Funktionierte der Import, v.a. von Industrie- und Maschinengütern, in der Vergangenheit oft problemlos, mehren sich zurzeit einige Irritationen.

So bleiben u.a. Produkte plötzlich im indischen Zoll hängen – mit dem Verweis auf das Fehlen von Zertifikaten und Zulassungen. Den europäischer Exporteuren ist es dabei häufig gar nicht bewusst, wann welche Norm eingeführt wurde.

Was ist passiert und was ist zu tun?

Wir geben Ihnen einen Überblick und beantworten die wichtigsten Fragen:

  • Welche Markt-Zulassungen benötigen Sie für Indien überhaupt?
  • Wie gehen Sie mit unvorhergesehen Lizenzierungsanforderungen der indischen Behörden um?
  • Können Sie als Exporteur gar vom indischen Markt ausgeschlossen werden?
  • Versucht der indische Staat durch strengere Zertifizierungen eine protektionistische Wirtschaftspolitik durchzusetzen? 

In diesem Artikel bekommen Sie pragmatische Antworten zu den wichtigsten Fragen der indischen Zulassungspflichten, der Registrierung bei den zuständigen Behörden, sowie Informationen zu den akkreditierten Dienstleistern für den indischen Markt. 

„Markteintrittbarriere“ Product Certification License 

Beim Markteintritt in Indien gilt es die verschiedenen regulatorischen Voraussetzungen zu erfüllen. Der Gesetzgeber, das zuständige Ministerium (zum Beispiel das Ministry of Steel, Government of India), sieht – je nach Produktkategorie – entsprechende Prüfungen und Zertifizierungen vor, welche durch as Bureau of Indian Standards (BIS) überwacht werden. 

Das Bureau of Indian Standards ist das nationale Normungsgremium und setzt sich aus Vertretern der Regierung, der Industrie, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, sowie Verbraucherverbänden zusammen. Zu den Hauptaufgaben dieser Behörde zählen die Formulierung, Anerkennung und Förderung der indischen Normen. Heute gibt es über 20.000 von ihr formulierte Standards, welche auf Ihrer Webseite nachzuschlagen sind. Dazu zählen u.a.  

  • AIS-Zertifizierung für Automobil-Teile
  • BIS-Zulassung für die Elektronikindustrie 
  • CDSCO-Zulassung für Medizinprodukte 
  • TEC-Zertifizierung für Telekommunikations-Equipment sowie WPC-Zulassung für drahtlose Geräte 
  • PESO-Registrierung für spezielle Maschinen in der Öl- und Gasindustrie. 

Um die Übereinstimmung mit den internationalen Standards zu gewährleisten, werden die indischen Standards regelmäßig überprüft und, im Einklang mit der technologischen Entwicklung, angepasst. 

(Inwiefern) trifft die indische Industriepolitik europäische Exporteure? 

In der Tat wurden kürzlich 15, für die indische Industrie bedeutende, Branchen identifiziert und Normen in Kraft gesetzt, die dazu dienen sollen, die Qualität der Produkte und Dienstleistungen am indischen Markt zu verbessern. 

Als vermeintliche Motivation dieser Qualitätsoffensive des indischen Staates können zwei Aspekte angenommen werden. Einerseits der Schutz vor Billigimporten (insbesondere aus China), andererseits die Stärkung der lokalen indischen Industrie (Stichwort: #MakeInIndia).

Aus der unternehmerischen Praxis wissen wir aber, dass die Errichtung dieser Importbarrieren nicht primär europäischen Herstellern gilt. Denn auch die indische Regierung weiß, dass die heimische Industrie nicht auf High-Tech Maschinen und Produktionsmittel „Made in Germany“ (et al) verzichten kann. Das bestätigen auch unsere Erfahrungen mit den indischen Behörden und indischen Zertifizierungs-Dienstleistern. 

Zunehmende Professionalisierung und Digitalisierung des Zoll 

Werden uns Probleme beim Import eines Produktes gemeldet, stellen wir aber häufig auch fest, dass eine Norm bereits seit vielen Jahren besteht und der Import in der Vergangenheit durch den Exporteur so nicht hätte funktionieren dürfen. Hier ist also der Fakt, dass die Einführung des Produktes nicht (mehr) ohne Zertifikat funktioniert auch Ausdruck zunehmender Professionalisierung und Digitalisierung des indischen Zolls.

Interpretationsspielraum indischer Standards 

Egal warum, sehen sich dieser Tage viele europäische Hersteller in Indien mit schier unlösbaren Zertifizierungsanforderung konfrontiert, welche u.a. spezielle Labore und entsprechende Audits im Stammwerk vorschreiben. Wenn man die Standards wörtlich versteht (was wir als gelernte Europäer meist tun), scheinen die Vorschriften für Indien objektiv kaum zu erfüllen. 

Das bedeutet in der Regel aber NICHT den Ausschluss aus dem Markt. Denn, wie oben beschrieben, zielen diese Anforderungen nicht primär auf Premiumhersteller ab, sondern auf generische Billigprodukte aus Fernost. Daher werden die indischen Normen durchaus zu Gunsten „willkommener“ Lieferanten ausgelegt und die Anforderungen hinsichtlich Audits und Labore pragmatisch interpretiert.

Prüfung & Registrierung durch indische Dienstleister – mit der Hilfe von Bevollmächtigten

Sollten entsprechende Normen bestehen, müssen die betroffenen Produkte zumeist lokal durch ein akkreditiertes Labor und nach den indischen Standards geprüft werden. Erst dann können sie in Indien auf den Markt gebracht werden. Die Liste zugelassener Zertifizier und Labore finden Sie auf der Website des Bureau of Indian Standards.  

Nach dem Zertifizierungssystem für ausländische Hersteller („Foreign Manufacturers Certification Scheme“) beantragen ausländische Hersteller bei BIS dann eine Zertifizierung für die Kennzeichnung ihrer Produkte.

Dafür muss der ausländische Hersteller einen Bevollmächtigten ernennen, der/die in Indien ansässig ist, und als Vertreter zwischen dem BIS und dem Hersteller fungiert. Aber Obacht! In der Vergangenheit wählten ausländische Unternehmen dafür oft den „Erstbesten“, der sich als Bevollmächtigter anbot – zum Beispiel den frisch ausgewählten Handelsvertreter oder Importeur und begaben sich dadurch in Abhängigkeiten (… nur zugelassen, wenn über … importiert …).

Andere Unternehmen mussten gar nicht, dass ihre Produkte vor Ort akkreditiert wurden. Sie hatten aber irgendwann mal eine Vollmacht für den Handelsvertreter ausgestellt….

Gerne unterstützen wir Sie bei der Klärung ihrer Zertifizierungsanforderungen für Indien sowie der Umsetzung der selbigen.

Als Ansprechpartner steht Ihnen Volker Klosowski, zuletzt als Vorstand der TÜV Rheinland AG – jetzt Senior Experte bei Dr. Wamser + Batra GmbH, zur Verfügung. Zuvor war Herr Klosowski u.a. für den Einstieg und den Ausbau eines erfolgreichen großtechnischen Prüflaborgeschäfts des TÜV NORD in Indien der wesentliche Treiber .