Ein Kommentar von Dr. Johannes Wamser, Geschäftsführer der Indien-Beratung Dr. Wamser + Batra GmbH


Eine Wahl gigantischen Ausmaßes geht diese Woche zu Ende: Fünf Wochen lang durften rund 800 Millionen wahlberechtigte Inder ihre Stimme abgeben, davon rund 150 Millionen Erstwähler. Die Wahlbeteiligung liegt bei knapp 70%. Für einen Staat von der Größe Gesamteuropas mit all den infrastrukturellen Missständen sicherlich ein organisatorische Meisterleistung. Und ein Beweis, dass trotz massiver Korruptionsskandale und Enttäuschungen über nicht eingehaltene Wahlversprechen die Bevölkerung weder wahlmüde noch politikverdrossen geworden ist.


Es ist ein Wunder, dass es dieser Vielvölkerstaat, der geprägt ist durch soziale, sprachliche, kulturelle und wirtschaftliche Disparitäten, überhaupt geschafft hat, als staatliche Einheit in Form einer Demokratie seit Jahrzehnten zu existieren. Sicherlich nicht immer und nicht überall lehrbuchartig – so ist es in manchen ländlichen Regionen weiterhin übliche Praxis, dass der Dorfälteste die Wahl seines Dorfes festlegt. Während aber (fast) alle anderen Schwellenländer durch autokratische Systeme geprägt sind, beweist die indische Bevölkerung und die Medienlandschaft Wahl für Wahl ihren Willen zu streiten, zu kritisieren, mitzureden und Regierungen abzuwählen. Und so wird es laut den ersten amtlichen Informationen auch bei dieser Wahl wieder zu einer Abwahl der Regierung zugunsten der Opposition kommen.