Indien macht mächtig Druck bei der Einführung der Goods and Services Tax (GST). Nachdem Anfang August 2016 das indische Parlament das Gesetz beschlossen hat, haben mittlerweile beide Kammern sowie mehr als die Hälfte der Bundesstaaten die notwendigen Verfassungsänderungen abgesegnet. Der Gesetzentwurf wurde am 8. September vom indischen Präsidenten Pranab Mukherjee (von 2009 bis 2012 selbst Finanzminister) unterschrieben. Damit wurden innerhalb weniger Wochen – und deutlich schneller als vorgesehen – alle rechtlichen Grundlagen geschaffen, um das neue Mehrwertsteuersystem einzuführen.

Am 22. und 23.September tagte zum ersten Mal das für die Umsetzung der Steuer verantwortliche „GST Komitee“ in Neu Delhi. Es muss die Höhe und die exakte Funktionsweise der Goods and Services Tax ausarbeiten und zahlreiche technische Details klären.

Die GST Einführung 2017 könnte viele Unternehmen überfordern

Wenn diese Dynamik beibehalten wird, ist ein Inkrafttreten des endgültigen GST Gesetzes in Indien mit 1. April 2017 (Beginn des indischen Finanzjahres) durchaus noch möglich. Denn die Regierung hat die notwendige IT-Infrastruktur für die Verwaltung und den Einzug der Goods and Services Tax bereits geschaffen und testet diese bis zum Jahresende.

Wird die neue Steuer tatsächlich so rasch eingeführt, könnte das viele Firmen aber eiskalt erwischen. Das neue Steuersystem wird durch die Abschaffung vieler derzeit noch bestehender Steuern und Abgaben zwar deutlich einfacher. Dennoch müssten dann von den Unternehmen zahlreiche technische wie kaufmännische Details unter enormem zeitlichem Druck innerhalb weniger Wochen geklärt, angepasst und implementiert werden. Vor allem in den folgenden Bereichen müssten erhebliche Änderungen durchgeführt werden:

  • in den ERP- und Buchhaltungssystemen
  • in der Supply Chain: Anpassungen und Neuregelungen bei
    • Leistungen innerhalb eines Bundesstaates
    • Leistungen zwischen zwei Bundesstaaten
    • Einfuhren aus dem Ausland nach Indien (ggf. auch Auswirkungen auf Accounting im Mutterhaus)
  • Anpassung der Preise und Konditionen in Verträgen mit Kunden und Lieferanten
  • ggf. neue steuerliche Registrierungen

Es liegt in der Natur der Sache, dass eine derart große Umstellung zu Verwirrung und Turbulenzen im eigenen Unternehmen führen kann.

Modi macht Druck beim wichtigsten wirtschaftlichen Projekt Indiens seit der Liberalisierung 1991

Noch rechnen die Wenigsten mit der Einführung im kommenden Jahr. Es ist aber nicht auszuschließen, dass der geplante Einführungstermin tatsächlich eingehalten wird. Für Modi wäre die GST der große Erfolg, den er braucht, um die hohen Erwartungen an ihn und seine Politik nun auch endlich zu erfüllen. Und er könnte damit tatsächlich jenes Mega-Projekt durchsetzen, woran alle Regierungen in den letzten 15 Jahren gescheitert sind! Denn bei der GST handelt es sich wahrscheinlich um die größte und wichtigste Steuerreform Indiens in den letzten Jahrzehnten.

Die Goods and Services Tax wird einen Großteil aller indirekten Steuern ersetzen, wie zum Beispiel

  • die landesweite Central Sales Tax (CST),
  • eine jeweils eigene Value Added Tax (VAT) pro Bundesstaat
  • sogenannte Octroi-Abgaben in einigen Städten,
  • eine Excise Duty auf die Herstellung von Waren,
  • und eine Service Tax auf die Erbringung von Dienstleistungen.

So würde endlich ein landesweit einheitliches Mehrwertsteuersystem geschaffen, das schon lange überfällig war.

Eine einheitliche GST in Indien hätte auch enorme positive Auswirkungen für ausländische Investoren. Die bisherige Komplexität der inländischen Besteuerung von Waren und Dienstleistungen würde vereinfacht und wäre in Zukunft viel leichter nachzuvollziehen.

Wirtschaftsforscher rechnen mit einem zusätzlichem Wachstum bis zu 2 Prozent durch die Einführung der einheitlichen Mehrwertsteuer. Eine zeitnahe Einführung und die erwarteten positiven wirtschaftlichen Effekte würden Modi wohl auch die Wiederwahl im Jahr 2019 sichern. Daher werden er und seine Regierung sicher alles unternehmen, um dieses Projekt so rasch wie möglich umzusetzen.

Wir lassen Sie bei der Einführung der Goods and Services Tax nicht alleine! Unsere Experten von WB finance & compliance® unterstützen Sie bei allen rechtlichen und steuerlichen Themen rund um das Thema GST. Abonnieren Sie jedenfalls unseren GST Newsletter, auf dem wir Sie über alle Entwicklungen zum Thema Goods and Services Tax Indien auf dem Laufenden halten.