Aus der Artikel-Serie „Joint Ventures Indien“:

Neben dem Argument „zu wenig Markt-Knowhow“ erwarten sich deutsche Mittelständler von ihren zukünftigen indischen Joint-Venture Partnern einen entsprechenden finanziellen Beitrag bei der Kapitalausstattung des gemeinsamen Joint-Ventures: „Das Risiko, es alleine zu tun, ist mir zu groß, deswegen will ich mir das Risiko mit einem Partner vor Ort teilen“ (Argument Nummer 2 für die Gründung eines Joint Ventures)

Indischer JV-Partner gibt gerne „die schwäbische Hausfrau“

Vorsicht, das mit der Risiko-Teilung ist in Indien so eine Sache! In fast allen Joint Venture Vorschlägen, die wir in den letzten Jahren gesehen haben, erwartet man von Ihnen Technologie, Know-how (siehe Artikel Warum Inder immer nur das eine wollen: das Joint Venture) und vor allem auch Kapital. Der Beitrag der indischen Seite beschränkt sich, neben den bereits erwähnten „Beziehungen etc.“ überwiegend auf „Sachleistungen“, häufig sind das sogar nur unbedeutende Lappalien ohne wirklichen Wert, wie z.B. „die Organisation der Firmengründung“ oder andere, meist sehr vage formulierte Tätigkeiten, wie „Allgemeine Projektunterstützung“.

Joint Venture vs. M&A

Daneben gibt es natürlich auch die Situation, in der Ihr potentieller Joint Venture Partner anbietet, ein bereits bestehendes Geschäft, in ein Joint Venture einzubringen. In diesem Fall stehen Sie vor der Notwendigkeit einer komplexen wirtschaftlichen und sonstigen Bewertung eines laufenden Unternehmens, also vergleichbar mit dem Kauf desselben. Mit einem Joint Venture hat das nur mittelbar zu tun! Machen Sie hier keinesfalls den Fehler, diese Bewertung in „Eigenregie“ durchführen zu wollen, hier raten wir Ihnen zu professioneller Unterstützung, u.a. durch „Chartered Accountants“ / Wirtschaftsprüfer etc.

Natürlich klingt der Vorschlag zunächst ausgesprochen interessant, ein indisches Unternehmen, das ähnliche Produkte herstellt, auf dem Grundstück noch Flächen und Gebäude frei hat, die man für das JV direkt nutzen könnte und zudem noch Arbeitskräfte, die man schnell einsetzen kann. Und Vertrieb & Marketing, sowie die anfänglichen Managementaufgaben könnten auch noch durch die bereits bestehenden Strukturen abgedeckt werden.

There’s no free lunch in India!

Wenn Sie dann aber genauer hinschauen stellen Sie fest, dass Sie, bzw. das Joint Venture für die „ohnehin vorhandene“ Produktionshalle natürlich Miete zahlen sollen und auch die angebotenen anderen Leistungen, also die Nutzung der „beim Partner direkt verfügbaren Strukturen“ ist keinesfalls umsonst, vielmehr werden Ihnen bzw. dem Joint Venture Kosten in Rechnung gestellt, durchaus in einer Größenordnung, für die Sie qualifiziertes Personal auch direkt von außen einstellen könnten. Vielleicht beteiligt sich Ihr Partner noch seinem Anteil entsprechend am anfänglichen (Mindest-) Gesellschaftskapital, aber sobald richtig Geld erforderlich wird, werden überwiegend Sie in die Pflicht genommen oder es wird vorgeschlagen, erforderliche Investitionen über Darlehen zu finanzieren (natürlich erwartet man, dass Sie die entsprechenden Sicherheiten erbringen!).

Indische Unternehmen sind meist recht Kapitalschwach und nehmen deutschen Partner in die Pflicht.

In diesem Zusammenhang ist folgender Aspekt wichtig: Indische Familienunternehmen tendieren nach wie vor dazu, möglichst jeden Euro aus dem Unternehmen direkt ins Privatvermögen zu überführen. Nur selten werden ausreichende Reserven im Unternehmen belassen und daher sind die meisten privat gehaltenen indischen Unternehmen finanziell eigentlich eher schwach aufgestellt. Und wenn denn im Bedarfsfall doch einfach das Privatvermögen des Inders als Sicherheit dienen soll, klingt das erst einmal nach einer praktikablen Lösung. Leider aber handelt es sich aber um Familienbesitz und daher müssten dann auch der Bruder, die Ehefrau, der Cousin und die Witwe des verstorbenen Großonkels mit unterschreiben. Hoffentlich gibt’s da keinen Familienstreit… Und oftmals spielen die Banken da nicht mit und fordern „richtige“ Sicherheiten – raten Sie mal, wer damit gemeint ist: natürlich Sie, bzw. das deutsche Stammhaus!

Fazit: Wenn Sie ein Joint Venture verhandeln, sollten Sie ganz besonders auf die zukünftigen Verpflichtungen achten und verbindliche und gesicherte Vereinbarungen zur Finanzierung mittel- und längerfristigen Investitionen treffen.