Am 31. Oktober 2018 veröffentlichte die Weltbank ihre alljährliche Studie (Ease of) Doing Business 2019. Darin machte Indien im Ranking der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit 23 Plätze gut und rangiert nun auf Rang 77 (von 190).

Das ist in der Tat eine beachtliche Meldung – für ausländische Investoren gleichermaßen wie für die Initiatoren der groß angelegten „Make in India“ – Kampagne, deren Ziel es war durch Deregulierung, Bürokratieabbau, bessere Gesetze beim Landerwerb und ein einheitliches Steuersystem die Geschäftstätigkeit für ausländische Investoren in Indien zu erleichtern. Damit sollte Indien der Weg zurück zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort geebnet werden.

Seit der Veröffentlichung des Rankings vergeht auch kein Tag, an dem sich die indische Regierung mit PR Maßnahmen und Business Events als Marktreformer feiern lässt. Siehe Twitter Hashtag EODB, den „Indien“ quasi gekapert hat.

Bürokratischer Albtraum am Beispiel des Director‘s KYC Update

So war das Versprechen Narendra Modis hinsichtlich der Vereinfachung bürokratischer Prozesse den meisten deutschen bzw. ausländischen Direktoren noch in guter Erinnerung, als im Sommer dieses Jahres plötzlich die Anforderungen eines Direktoren KYC Updates wie die eines mittelschweren, bürokratischen Tsunamis auf sie zurollten.

Am 10. Juli 2018 veröffentlichte das Ministry of Corporate Affairs (MCA) eine Meldung, nach der alle Direktoren von indischen Unternehmen, die am oder vor dem 31. März 2018 ihre Directors Identification Number (DIN) erhalten hatten, verpflichtet waren, bis zum 31. August 2018 das Formular DIR-3 KYC mit ihren entsprechenden Daten an das MCA zu übermitteln. Abgefragt wurden persönliche Daten wie Name, Mobilfunknummer und eine (private) E-Mail Adresse als auch die sogenannten KYC-Dokumente (Know Your Customer) zwecks Identitäts- und Adressnachweis. Im Falle deutscher Direktoren bezeichnen diese eine Kopie des Passes und des Personalausweises.

So weit, so gut. Jedoch war hier noch nicht der Anforderungen Ende: bei deutschen/ausländischen Direktoren mussten diese Dokumente zusätzlich notarisiert und legalisiert (durch das Landgericht überbeglaubigt) werden. Bei Verzug drohte die temporäre Deaktivierung der DIN sowie eine Geldstrafe.

Welcher Direktor sich, nach Einreichung der geforderten Daten und Dokumentation, endlich am Ende dieser von behördlicher Seite auferlegten Geduldsprobe wähnte, ging fehl: beim Hochladen der Form DIR-3 KYC beim Ministry of Corporate Affairs wurden automatisch zwei Passwörter generiert, von denen der Direktor eines per SMS an die angegebene Mobilfunknummer erhielt, das andere in einer Mail an seine E-Mail Adresse. Die Gültigkeit dieser sogenannten OTPs (One Time Password) war auf 30 Minuten begrenzt. Innerhalb dieser Zeit mussten die Passwörter an den/die Company Secretary weitergeleitet werden, der sie in ein Formular eintrug – dann erst war das KYC Update erfolgreich abgeschlossen.

Zwischen Anspruch, Hochglanzstudien und Wirklichkeit

So löblich die übergeordneten Ziele der indischen Regierung seitens Ease of Doing Business (EODB) sind, so kafkaesk muten die täglichen bürokratischen Anforderungen an (siehe Beispiel oben).

So war die Entrümpelung von „Fake Directors“ aus dem indischen Firmenbuch sicherlich eine notwendige und sinnvolle Maßnahme, die Art der Umsetzung – zumindest für internationale Standards – aber wirklichkeitsfremd.*

Unabhängig davon wie gut Indien in offiziellen Ratings abschneidet, mit einer radikalen Vereinfachung der bürokratischen Prozesse ist jedenfalls nicht zu rechnen. Daher sollte jedes ausländische Unternehmen Aktionen wie die o.g. geradezu erwarten, und sich dadurch nicht gleich aus der Bahn werfen lassen.

Corporate Compliance im Fokus

Doch leider steht bei den meisten Unternehmen die Corporate Compliance als lästige Pflichtübung nicht auf der Prioritätenliste. Wie fatal das enden kann, beschreibt der jüngste Handelsblatt-Artikel am Beispiel MW India. Stattdessen sollte die Corporate Compliance absolute Chef-Sache sein und darf nicht allein dem lokalen Management anvertraut werden.

Ab sofort werden wir auf diesem Blog noch öfter über wichtige Compliance Anforderungen berichten, unseren Lesern aber auch Handlungsanleitungen und Tools zur Verfügung stellen um ihren regulatorischen und bürokratischen Pflichten möglichst einfach nachkommen zu können.

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