Uns erreichten in den letzten Tagen zahlreiche Fragen von Unternehmen zur aktuellen Situation in Indien. Eine der häufigsten Fragen bezog sich auf das Thema Kurzarbeit, und ob diese auch in indischen Unternehmen (Tochterfirmen) möglich sei.

Rechtliche Grundlagen

Die Möglichkeit der Kurzarbeit ist (bislang) nicht im indischen Gesetz vorgesehen und entsprechend nicht als Instrument vorhanden. Von Seiten des Ministry of Labour & Employment wurde am 20. März ein Schreiben veröffentlicht, in dem Arbeitgebern explizit empfohlen wird, derzeit weder Lohnkürzungen noch Kündigungen vorzunehmen, um die Krise nicht zu verschärfen und den Arbeitnehmer durch die finanzielle Schwächung nicht zu demoralisieren.

Im aktuellen Hilfspaket kündigte die Regierung Unterstützung für Beschäftigte des organisierten Sektors (bzw. deren Arbeitgeber) an. Berechtigt sind allerdings nur Unternehmen welche bis zu 100 Mitarbeiter beschäftigen. Dabei darf das Gehalt von mind. 90% der Mitarbeiter nicht höher als INR 15,000 pro Monat liegen. Damit dürfte diese staatliche Unterstützung für das Gro der Unternehmen NICHT infragekommen.

Innerbetriebliche Vereinbarungen

Ebenso kann der Arbeitgeber seine Belegschaft nicht dazu zwingen, den Jahresurlaub vorzuziehen. Wenn bereits absehbar ist, dass die finanziellen Mittel nicht mehr lange ausreichen werden, ist es natürlich eine Option, ein offenes Gespräch mit der indischen Belegschaft zu suchen und sich in beiderseitigem Einverständnis – im Sinne des Fortbestands des Unternehmens – auf Lohnkürzungen (für alle Positionen) zu einigen.

Uns werden aus unserem Netzwerk inzwischen vereinzelte Beispiele von freiwilligem Lohnverzicht der indischen Belegschaft berichtet (bis zu ca. 1/3 des Lohns). Solche Vorschläge direkt aus der Belegschaft entstehen natürlich aufgrund von Ängsten vor Entlassungen.

Update vom 19. Mai

Die am 29. März verabschiedete Verordnung des Ministry of Home Affairs (MHA), die Arbeitgebern Lohnkürzungen während der Covid-19 Pandemie untersagte, wurde widerrufen und ist ab heute nicht mehr gültig. Dennoch bedeutet diese Meldung noch lange keinen „Freifahrtsschein“: die Konditionen des Arbeitsvertrages behalten ihre Gültigkeit und nur die beidseitige Unterzeichnung eines entsprechenden Änderungsvertrages kann die Auszahlung eines verringerten Lohns rechtfertigen.

Sollten bei Ihnen diesbezüglich Fragen entstehen (z.B. wie man einen solchen Lohnverzicht am besten und am sozialverträglichsten kalkulieren und dokumentieren sollte), sprechen Sie uns bitte telefonisch oder per E-Mail an.