Betriebsstättenrisiko und aberwitzige Steuernachzahlungen durch Scheinselbstständigkeit.

Zahlreiche Unternehmen beschäftigen in Indien einen lokalen Mitarbeiter, der sich um Marketing- und Vertriebsaktivitäten kümmert. Dieser ist entweder beim europäischen Stammhaus angestellt oder er wird durch eine Art „Beratervertrag“ direkt bezahlt. In der Regel handelt es sich dabei um jemanden, der in Vollzeit direkt im Auftrag des europäischen Unternehmens handelt und dabei sogar oft der Weisungsbefugnis eines Mitarbeiters im Stammhaus untersteht.

Ein äußerst riskantes Modell!

Dieses Modell ist aus zwei Gründen problematisch:

  1. Einerseits ist der Mitarbeiter bei dieser Konstellation eindeutig ein „abhängiger Vertreter“, was entsprechend dem DBA in jedem Fall eine Vertreterbetriebsstätte begründet.
  2. Zum anderen erkennen die indischen Steuerbehörden hier eine Art „Scheinselbstständigkeit“ oder ein verstecktes (indisches) Angestelltenverhältnis, welches mit entsprechenden Haftungsrisiken angemahnt wird.

Bei diesem Vertriebs-Modell entgehen dem indischen Fiskus nämlich Einkommenssteuer(Voraus)Zahlungen, sog. TDS – Tax Deducted at Source, in beträchtlicher Höhe. Für ein ausländisches Unternehmen ist es nämlich technisch gar nicht möglich, diese Steuer (in Indien) zu bezahlen. Zudem ist es in der Praxis mehr als fraglich, ob der indische Mitarbeiter am Ende des Jahres seine fällige Einkommenssteuer überhaupt und in adäquater Höhe abführt.

Durch die hohe Anzahl der „Täter“ und wahrscheinlich auch aus einem gewissen Nationalstolz heraus reagiert das indische Income Tax Department mittlerweile sehr sensibel auf diesen Tatbestand, sodass man über kurz oder lang (fast) zwangsweise vor einem indischen Gericht landet.

Denn in der Praxis versuchen die indischen Behörden, Ersatzzahlungen und Strafen direkt beim ausländischen Stammhaus einzufordern und diese auch in möglichst astronomische Höhen zu treiben. Versteuert werden sollen dann alle Gewinne, die das Unternehmen direkt aber auch indirekt (!) in Indien erzielt hat, wofür oft geradezu wahnwitzige Argumente ins Feld geführt werden.

Wir empfehlen daher nochmals mit Nachdruck: Vorsicht vor diesen Konstellationen, um solche Verfahren zu vermeiden!

Alarmstufe Rot!

Durch die immer stärkere Vernetzung – auch elektronischer Art – ist das Entdeckungsrisiko im Vergleich zu früher deutlich gestiegen. Die indischen Behörden reagieren inzwischen sehr konsequent, wenn sie mitbekommen, dass indische Vertriebler im Land mit Visitenkarten europäischer Unternehmen unterwegs sind. Der anonyme Hinweis eines Wettbewerbers oder eines unzufriedenen Kunden reicht schon aus, um die ganze Maschinerie in Gang zu setzen…

Sprechen Sie mit uns durch, ob auch Sie von den hier beschriebenen Risiken betroffen sind. Falls ja, helfen wir Ihnen bei der Identifizierung geeigneter Alternativen. Sprechen Sie auch dann mit uns, wenn Sie bereits von den indischen Behörden kontaktiert wurden und sich nun auf die entsprechenden Aktionen vorbereiten müssen.

WB finance & compliance® – Pragmatische Unterstützer bei allen Fragen zum Thema Betriebsstätte.