Lokale Produktion: Warum in Indien produzieren? Um nicht nur die Nische zu erreichen!

Europäische Investitionsgüter und insbesondere deutsche Maschinen und Anlagen – bedienen in Indien fast ausschließlich das absolute Top-Segment. Denn noch immer können sich nur wenige mittelständische Unternehmen aus Indien „Made in Germany“ leisten.

Und was für die Industrie gilt, gilt umso mehr für den Konsumgütermarkt. Europäische Produkte sind in Indien nur für eine Minderheit überhaupt denkbar. Deutsche und österreichische Mittelständler bedienen im Grunde absolute Nischenmärkte, welche nur knapp die oberen ein bis zwei Prozent des Gesamtmarkts umfassen. Mitunter ist das auch der Hauptgrund, warum 70% der deutschen Unternehmen ihre Vertriebsziele in Indien nicht erreichen.

Das Wirtschafts- Wachstum findet in Indien fast nur im mittleren und unteren Marktsegment statt. Aber die wirklichen Bedürfnisse dieser Mittelstands-Kunden werden durch europäische Produkte nur sehr bedingt zufrieden gestellt: Sie sind zu teuer und gelten als schwierig. Und das gilt ausdrücklich nicht nur für das B2C-, sondern auch für das B2B-Geschäft!

Product-Market-Fit

Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass Indien ein extrem preissensitiver Markt ist. Der indische Kunde zahlt nur für genau die Leistung, die er braucht – nicht aber für nicht essentielle Zusatzfunktionen, Design, Vollintegration oder Automatisierung.

Unternehmen aus Fernost haben in den letzten zehn Jahren in Indien deutlich Marktanteile zu Lasten Deutschlands gewonnen (siehe GTAI -Artikel) – nicht nur durch großzügige Preisvorteile, sondern vor allem, weil sie sich hervorragend an die tatsächlichen lokalen Kundenbedürfnisse angepasst haben. Durch hohe Flexibilität und sehr pragmatische Produkte kommen koreanische, taiwanesische und natürlich auch chinesische Unternehmen immer öfter zum Zug und setzen sich gegen High-End Produkte aus Europa durch. Denn diese gelten als over-engineered und sind im Grunde viel zu ausgereift und damit zu teuer für den indischen Markt.

Frugal Innovation als Erfolgsfaktor

Lokale Montage und der Zukauf lokaler Komponenten kann oft das Preisproblem mildern. Das Einsparen von Logistik und Zollkosten erlaubt mitunter einen bis zu 30 Prozent günstigeren  Verkaufspreis!

Doch um in Indien eine breitere Kundenschicht und damit wirkliche Marktrelevanz zu erreichen, muss man häufig sehr viel weiter gehen und die eigenen Produkte speziell an die indischen Kundenbedürfnisse anpassen. Das Stichwort dazu ist „Frugal Innovation“, Frugal Engineering oder „Indovation“.

Darunter versteht man, dass internationale Hersteller speziell für das mittlere Marktsegment in Indien einfache(re) Produkte entwickeln und diese dann auch lokal produzieren. Sehr oft funktionieren diese Produkte „designed and made in India“ dann auch in anderen Schwellenländern ausgesprochen gut und werden später nach Afrika oder Südostasien exportiert.

Wann ist ein Produktionsaufbau in Indien wirklich sinnvoll?

Unternehmen, die bereits mehrere Jahre oder Jahrzehnte in Indien vertrieblich aktiv sind, entscheiden sich immer öfter, eine lokale Fertigung in Indien aufzubauen. Aber eine solche Entscheidung muss nicht für alle Unternehmen sinnvoll sein. Daher müssen die potentiellen Vor- und Nachteile einer eigenen Produktion in Indien immer ganz individuell geprüft werden.

Indisches Werk

Wir haben auch schon Unternehmen kennen gelernt, welche die Entscheidung, eine Produktion in Indien aufzubauen, direkt aus dem Buch getroffen haben, ohne sich die Tragweite auch in der Tiefe klar zu machen. Am Ende konnten sie in Indien auch nicht mehr Umsatz machen, hatten aber stattdessen enorme Investitionskosten „in den Sand gesetzt“.

Eine Machbarkeitsstudie für den individuellen Fall mit echtem Feedback aus dem relevanten Markt kann fatale Fehlentscheidungen verhindern. Bestandskunden und Konkurrenten, Lieferanten und potentielle sowie schon verlorene Kunden müssen befragt werden, um ein realistisches Bild und die Grundlage für eine Entscheidung zu gewinnen.

Darüber hinaus prüft und bewertet eine solche Studie auch, in wieweit Ihre Produkte für den indischen Markt geeignet sind und wenn nötig, werden auch gleich passende Produktadaptionen geplant.

Dies bildet schließlich die Basis für eine Analyse der geplanten Montage- und Produktionsschritte, sowie für eine Finanz- und Organisationsplanung.

Von der Entscheidung zum eigenen Werk

Ist erst einmal die Entscheidung zum Aufbau einer eigenen Produktion gefallen, muss natürlich auch ein geeigneter Standort gefunden werden. Eine Standortanalyse wird bei der Suche viele Faktoren berücksichtigen:

  • Infrastruktur: Energieversorgung, Transport, Sozialstruktur, potentielle Lieferanten, umgebende Industrien
  • Personal: Verfügbarkeit von Arbeitern, Angestellten, Führungskräften und ortsübliche Fluktuation
  • Kosten für Grund, Energieversorgung, Personal, Um- und Neubauten Und nicht zuletzt die geografische Nähe zu den Kunden und Lieferanten.

Erst danach beginnt die Suche nach geeigneten Grundstücken und auch die Begleitung des gesamten Kauf- beziehungsweise Mietprozesses. Oft braucht man auch noch spezielle Zulassungen und Genehmigungen wie Bau- und Produktionsgenehmigungen oder auch Exportlizenzen. Beim Bau eines neuen Werkes ist auch die Auswahl eines Architekten sowie der Zulieferer der Gewerke eine wichtige Aufgabe.

Spätestens jetzt sollte auch der zukünftige Werksleiter an Bord geholt werden. Denn dieser soll bereits mit in die Planung des künftigen Werks eingebunden werden.

Während der gesamten Zeit der Projektplanung bis hin zur Umsetzung können wir unseren Kunden einen geeignete (Interims-)Manager aus unseren Reihen zur Verfügung stellen. Eine Persönlichkeit an der Seite zu haben, welche diesen Prozess schon einmal durchlaufen hat, kann sich als sehr nützlich erweisen und auch helfen, den Termin zum tatsächlichen Produktionsstart einzuhalten.