Spätestens mit der spektakulären Übernahme (16 Milliarden Dollar) des indischen Online-Händlers Flipkart durch Walmart im Mai 2018, haben auch jene vom indischen e-Commerce Boom Notiz genommen, die sonst das indische Internet-Startup Ökosystem nicht so intensiv beobachten, wie wir es tun.

Diese o.g. Nachricht war nicht nur für das Internet-affine Publikum bemerkenswert, sondern auch für all jene, die vertrieblich in Indien tätig sind oder es noch werden wollen. Denn mit den indischen Online Shopping Portalen hat sich in den letzten sieben bis acht Jahren auch eine funktionierende Distributions- und Logistik-Infrastruktur entwickelt, die mittlerweile das ganze Land bedient und nicht nur für den Versand von Büchern, Elektronik oder Mode nutzbar ist…

Warehouse Infrastruktur und Logistikprozesse endlich auch in Indien

Die Milliarden-Investitionen der Venture Capital Firmen (und von Amazon & Co) flossen nicht nur in die Entwicklung der Webanwendungen von Flipkart.com, Paytm Mall, Myntra und Snapdeal sowie deren Werbekampagnen. Es wurde auch ganz besonders in die physische Infrastruktur, wie Lager und den Aufbau professioneller und skalierbarer Logistik-Prozesse investiert.

An dieser Stelle ist es auch bemerkenswert, dass das indische Warehouse Automatisierungs- und Robotik-Unternehmen „Grey Orange Robotics“ (GOR) durch deutsche Hilfe (Wolfgang Höltgen) nicht nur zu einem der wertvollsten indischen Tech-Startups geworden ist, sondern sich auch international gegen Amazon (Robotics) & Co behaupten kann.

So kann man heute auch in Indien Fullfillment-Prozesse und Dienstleistungen wie die Lagerung, Zustellung und Payment-Collection zukaufen, wie in jedem anderen Land der Welt. Im Bereich der Bezahl-Services, welche lange als Wachstumshemmnis galten, überspringt Indien mittlerweile sogar international etablierte Standards wie den Einsatz von Kreditkarten. Bei den Mobile Wallets hat Indien mittlerweile sogar die weltweite Innovationsführerschaft übernommen!

Ungebremstes Wachstum im B2C Markt – aber nicht für internationale Investoren

Getrieben durch die immer noch rasant steigende Anzahl von Internet-Nutzern, vor allem in den kleineren Städten, und vor allem durch den zunehmenden Konsumhunger soll der indische e-Commerce Markt von aktuell etwa 38 Milliarden auf über 200 Milliarden Dollar im Jahre 2026 anwachsen. Wer will diese Chance ungenützt lassen..?

Trotz dieser ungeahnten Wachstums-Möglichkeiten führen trotzdem für ausländische Unternehmen nicht alle Wege nach Indien. 100 Prozent FDI (Foreign Direct Investment) ist nur im Bereich der E-Commerce Marktplätze („marketplace model“) und im B2B-Geschäft möglich. Im Einzelhandel gibt es strenge staatliche Reglementierungen – zum Beispiel müssen 30 Prozent der Beschaffung nachweislich in Indien erfolgen!

So können beispielsweise nur indische Unternehmen auf dem Amazon.in Marktplatz einen Seller Account erstellen, um dort als Verkäufer aktiv zu werden. Nach dem aktuell gültigen Regulativ darf auch keine „foreign-owned (Indian) company“ – also eine indische Firma im Besitz ausländischer Investoren – im „inventory model“ aktiv werden. Eine eigene Private Limited in Indien zu gründen, um dann etwa über den Amazon India Marktplatz und andere zu verkaufen, ist daher aktuell keine Lösung – auch wenn das konkurrierende Dienstleister gerne anders darstellen.

Im Augenblick ist die einzige Möglichkeit, die eigenen Produkte B2C in Indien online zu vertreiben, mit einem unabhängigen (!) Importeur zusammen zu arbeiten. Dieser agiert auf den Online Marktplätzen als Verkäufer und wickelt das Geschäft auf sein eigenes Risiko ab. Damit verlieren Sie aber jede Möglichkeit, Ihr Marketing und Ihren Vertrieb aktiv zu steuern.

Chancen im B2B Onlinehandel

Da die meisten europäischen Unternehmen in Indien aber direkt die Industrie beliefern, werden sich durch die hier beschriebenen Möglichkeiten dennoch neue und sehr interessante Geschäftsmodelle ergeben – zum Beispiel im Ersatzteilgeschäft.

Auch wenn der e-Commerce im B2B Bereich naturgemäß einige Jahre hinter der aktuellen Entwicklung im B2C Geschäft herhinkt und es im Augenblick nur sehr wenige entsprechende Marktplätze in Indien gibt, so wird sich der B2B Markt doch schon in naher Zukunft etablieren. Es gilt auch hier, die Entwicklung genau zu beobachten, um die sich bietenden Chancen rechtzeitig zu ergreifen.

Natürlich gibt es auch jetzt schon die Möglichkeit, seinen eigenen B2B-Webshop in Indien zu betreiben. Und dieser kann auch im regulierten Umfeld sauber und sicher im Markt agieren.

So ergeben sich gerade für Markteinsteiger durch den Einsatz von eCommerce und dem Outsourcing von Warehousing und Logistik einfache und kostengünstige Möglichkeiten den indischen Markt einmal zu testen. Dazu braucht es noch nicht mal eine eigene Gesellschaft vor Ort.

Unsere indische Tochterfirma WB Trade And Services Pvt Ltd. steht Ihnen als Vehicle für derartige Handels-Geschäfte zur Verfügung. Wir beraten Sie auch gerne bei den notwendigen Schritten, um hier eine steuerliche Betriebsstätte zu vermeiden.