Er ist charismatisch, eloquent, gebildet und besitzt diverse Titel. Er ist angeblich persönlich mit dem indischen Handelsminister befreundet, kennt auch wichtige Mitarbeiter im Büro des Premierministers und ist mit dem Sohn der Inhaberfamilie eines der größten indischen Industrie-Konglomerate zur Schule gegangen. Deshalb hat er ganz offensichtlich beste Kontakte zu Politik und exklusiven Zugang zu Schlüsselpositionen in der indischen Wirtschaft, und somit zu Ihren potenziellen Kunden. Sie lernen ihn als Sitznachbar in der Business Class kennen oder begegnen ihm zufällig auf einer Messe oder einer Konferenz. Und er hat gerade Zeit. Zeit für Sie und Ihr Unternehmen. 

Eine vertragliche Vereinbarung wurde schnell getroffen und gemeinsamen Geschäfte laufen zunächst, sein persönliches Netzwerk eröffnet dem europäischen Unternehmen neue Perspektiven. Zur Hochzeit seiner Tochter reist man sogar mit der Familie an und wird bei der Feier einem Berater des Premierministers vorgestellt. 

Doch nach einiger Zeit stagnieren die anfänglichen Erfolge und Umsätze. Der neue Geschäftspartner hat dafür immer wieder plausibel klingende Erklärungen, wie “die komplexe indische Bürokratie”, “die zu hohen Preise der deutschen Produkte ”, die fehlende Geduld der Europäer” etc. Ein offenes, ehrliches Gespräch über negative Entwicklungen wird tunlichst vermieden. Gewachsen ist die gesellschaftliche Anerkennung und das Einkommen Ihres indischen Geschäftspartners, nicht aber der nachhaltige Erfolg Ihres Unternehmens. 

Der entstandene wirtschaftliche Schaden einer Trennung ist oftmals erheblich, die erhoffte glorreiche Entwicklung des eigenen Unternehmens im neuen Wachstumsmarkt Indien ist gescheitert. 

„Wir dachten, unser neuer indischer Partner wäre ein Insider, der die indische Geschäftswelt in- und auswendig kennt. Alles nur Theater. Jetzt stehen wir hier mit leeren Händen und sind im indischen Markt wieder am Anfang.“ 

Solche Enttäuschungen sind leider keine Seltenheit.  

Bollywood-reife Schauspielleistung – ein bekanntes Phänomen  

Aus unseren Projekten kennen wir diverse Geschäftsgebaren von indischen Partnern, sei es im Joint-Venture, von Vertriebspartnern, Agenten oder lokalen Beratern, seit Jahrzehnten. Das zuvor genannte Phänomen wurde von uns bereits im Jahr 2006 beschrieben (u.a. in “Super Inder oder Superinder?” https://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/a-894901.html) – zu einer Zeit, in der Indien schon einmal im Fokus der deutschen Mittelständler stand. Das Interesse wurde damals besonders getrieben von der Rolle Indiens als Partnerland der Hannover Messe 2015 und der anschließenden Fülle von „Success in India“-Veranstaltungen von Verbänden und anderen Institutionen, bei denen die freudige Nachricht von dem „neuen Eldorado Indien“ immerzu verkündet wurde.  

Danach folgte eine Phase der Ernüchterung und der Anpassung der Erwartungen an die Realität. 

Seit einiger Zeit gibt es wieder eine Phase des hohen Interesses an Indien. “Indien ist das neue China” ist ein Satz, der in der Geschäftswelt momentan immer öfter zu hören ist. Tatsächlich ist Indien mit seiner dynamischen Wirtschaft als Standort und Investitionsziel zurzeit sehr spannend und interessant (https://www.wb-indien.de/2022/09/12/hoffnungstraeger-indien-teil-1/). Getrieben von der geopolitischen Entwicklung im außenwirtschaftlichen Verhältnis der USA und EU zu Russland und China kann es zudem eine wichtige Rolle als „neutraler“ Standort und Alternative zwischen West und Ost spielen.  

Viele Unternehmen prüfen daher derzeit, ob Indien als Absatz- oder Beschaffungsmarkt, oder gar für lokale Montage und Produktion, attraktiv ist. Doch trotz dieser positiven Dynamik lernen viele europäische Unternehmen, ausdrücklich nicht nur Mittelständler, sondern ebenso namhafte Konzerne, auch die Tücken des indischen Marktes kennen. 

Denn Indien ist ein herausfordernder Markt, und die „schnellen Erfolge“ sind selten zu finden. Eine besondere Rolle spielen dabei leider immer wieder Menschen, die mit gekonnter Selbstdarstellung und oftmals “Bollywood-reifer” Schauspielleistung für unrealistische Erwartungen und schließlich tiefe Enttäuschungen beim europäischen Geschäftspartner sorgen. 

Beeindruckende Netzwerke und Communities als Türöffner 

Ein neuer Geschäftspartner oder Berater, der sich selbst als Schlüsselperson mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und Kontakten darstellt, ist in Indien ein häufig anzutreffendes Phänomen. Solche Menschen sind angeblich engste Freunde mit Top-Politikern, einflussreichen Familien und besitzen exklusiven Zugang zu zukünftigen Großkunden. Europäer lassen sich durch das meist charismatische Auftreten blenden – und wenn sie dann als ausländischer Geschäftspartner noch zu einer pompösen indischen Familienfeier eingeladen werden, ist das Vertrauen meistens besiegelt. 

Zweifelsohne sind viele Inder mit beeindruckenden Netzwerken und hervorragenden Fähigkeiten ausgestattet, die zu schnellen Geschäftserfolgen führen können. Die Netzwerkdichte ist historisch bedingt: Das Kastenwesen und ethnische Zugehörigkeiten haben ganze Industrien und Regionen geprägt und sogenannte „Communities“ ins Leben gerufen, in denen eng geknüpfte Beziehungen und Vertrauensbande herrschen. Das bedeutet, dass es zu Beginn einer Geschäftsbeziehung oft einfach ist, schnelle Erfolge zu erzielen, indem man sich auf sein vorhandenes Netzwerk innerhalb der eigenen Community verlässt. Doch was passiert, wenn dieses interne Netzwerk einmal ausgeschöpft ist? Hier zeigt sich häufig ein drastischer Einbruch in der Erfolgskurve. 

Eine Untersuchung, die von uns in den Jahren 2007 bis 2019 durchgeführt wurde, ergab, dass etwa die Hälfte aller deutsch-indischen Kooperationen die ersten drei Jahre nicht übersteht. Nach einem Jahrzehnt existieren weniger als 10% dieser Kooperationen. Die Frage, die sich stellt: Was ist schiefgelaufen? War vielleicht der “kongeniale Türöffner zum indischen Wachstumsmarkt” in Wahrheit nur ein guter Schauspieler? 

Selbst-Inszenierung als Highperformer 

Ein weiterer, kritischer Aspekt im Umgang mit neuen Geschäftskontakten ist die Bereitschaft vieler Menschen, ihren Lebenslauf und ihre Erfolge gekonnt aufzubauschen. Es ist in Indien leider nicht selten, dass Titel, Auszeichnungen oder Abschlüsse geschönt oder gar gekauft werden. Ob es darum geht, sich durch Zahlungen als „Manager des Jahres“ zu feiern, einen Doktortitel von den gleichen Instituten zu erwerben, bei denen afrikanische Diktatoren ihre Grade erhalten, oder die Teilnahme an einem gesponserten Bankett der Schwedischen Akademie der Wissenschaften als „persönliche Einladung zur Nobelpreisverleihung“ darzustellen – es wird oft alles darangesetzt, einen bleibenden Eindruck beim Gegenüber und in der eigenen Community zu hinterlassen. 

Europäer unterschätzen häufig, wie wichtig in der indischen Kultur die gesellschaftliche Stellung und Anerkennung der eigenen Community sind- Gründe, weshalb unangenehmen Themen und rufschädigende Situationen („Gesichtsverlust“) unter allen Umständen vermieden werden. 

Worauf sollten KMUs und Konzerne achten? 

Es ist zunächst essenziell, die gleichen Bewertungskriterien anzuwenden, die man auch für Geschäftspartner im eigenen Land oder in Europa nutzen würde. Das bedeutet, dass man Informationen und Vorschläge gründlich prüft, bevor man sie annimmt. Zudem sollte man versuchen, sich ein unabhängiges Bild vor Ort zu verschaffen, beispielsweise durch unangekündigte Firmenbesuche oder Gespräche ohne den neuen indischen Geschäftspartner. 

Wie können Sie von unserer Expertise profitieren? 

Wenn Sie vor der Herausforderung stehen, die Glaubwürdigkeit und Qualität Ihrer Geschäftspartner oder Schlüsselpersonal in Indien zu überprüfen, sind wir genau der richtige Ansprechpartner für Sie. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Umgang mit dem Thema „Mehr Schein als Sein“ in Indien haben wir uns auf „Know Your Partner“-Prüfungen spezialisiert. Ob es nun darum geht, Ihren Geschäftspartner, Kunden oder Lieferanten sowie auch Ihr eigenes Managementteam oder Schlüsselpersonal genauer unter die Lupe zu nehmen – wir stehen Ihnen zur Seite. 

Dank modernster Technologien können wir tiefgreifende und umfassende Analysen durchführen. Doch auch altbewährte Methoden, wie informelle Gespräche und Hintergrundrecherchen, gehören zu unserem Repertoire. Ziel ist es stets, Ihnen ein klares und wahrheitsgetreues Bild Ihrer potenziellen Geschäftspartner oder Mitarbeiter zu liefern. Mit uns an Ihrer Seite können Sie sicher sein, dass Sie genau wissen, mit wem Sie es zu tun haben und welche Überraschungen möglicherweise auf Sie warten könnten. 

Nutzen Sie unsere Expertise und Erfahrung, um die richtigen Entscheidungen für Ihr Unternehmen zu treffen.