Das Dilemma des Yield-Managements  

Das Yield-Management

Das Yield-Management ist ein dynamischer Preisbildungsprozess, der darauf abzielt, den Gesamtertrag eines Unternehmens durch optimierte Preissetzung zu maximieren. Dabei werden Preise in Echtzeit an die Marktnachfrage angepasst, um die Kapazitätseffizienz zu optimieren und den Gewinn zu steigern.   

In zahlreichen Branchen wird die Kunst und Wissenschaft beherrscht, den Umsatz durch dynamische Preisanpassungen und Kapazitätsmanagement zu maximieren, so z.B. in der Hotellerie, dem Einzelhandel, dem Rohstoffhandel, bei Transport- und Logistikunternehmen, in der Luftfahrt etc. Unternehmen passen ihre Preise in Echtzeit an, abhängig von der Nachfrage, Buchungsdynamik und anderen variablen Faktoren, um ihre Profitabilität zu optimieren.   

Unser Fall aus der Logistikbranche zeigt jedoch, dass ein Yield-Management unter bestimmten Umständen und Rahmenbedingungen in Indien zwar (kurzfristige) Gewinne erzielen, aber auch nachhaltige Schäden verursachen kann.  

Der konkrete Fall  

Unser Fallbeispiel, ein weltweit führendes Unternehmen der Logistikbranche, hatte über Jahrzehnte hinweg eine dominante Marktstellung unter europäischen Unternehmen in Indien erreicht, welche innerhalb weniger Jahre aufgrund gravierender Strategiewechsel verloren wurde. Die genaue Analyse der Entwicklungen und Entscheidungsverläufe ist ein lehrreiches Beispiel dafür, wie ein auf kurzfristige Ertragssteigerungen ausgerichtetes Yield-Management langfristige Marktanteile kosten kann.  

Die Ausgangslage 

Das Unternehmen hatte im Süden Indiens eine fast schon monopolähnliche Position in der Logistik inne, die geprägt war von der engen Verbindung zwischen der indischen Technologieunternehmen, dem amerikanischen Silicon Valley und den großen indischen „ethnischen Kolonien“ an der Ost- und Westküste der USA. Die Transportroute ging von Indien nach Europa und von dort weiter in die USA. Die indischen Güter, die in Europa blieben (ca. 1/3), wurden mit Gütern europäischer Kunden aufgefüllt. 

Das Dilemma 

Trotz dieser starken Position entschied sich das Unternehmen aufgrund eines übermäßig fokussierten Yield-Managements, die Kapazitäten für den indischen Markt zugunsten der profitableren Route USA-Europa zu reduzieren. Diese Entscheidung basierte auf der kurzfristigen Maximierung des Ertrags pro Einheit, übersah aber die langfristigen Implikationen für die Präsenz und den Einfluss des Unternehmens im indischen Markt.  

Bei den seinerzeit im System eingestellten Steuerungsparametern war die Sachlage wie folgt: Der Ertrag pro Einheit auf der Route USA <> Europa war lukrativer als der Ertrag pro Einheit auf der Route Indien <> USA. Also wurde die Kapazität für indische Kunden reduziert, so dass viele indische Kunden die Verbindung Indien <> Europa nicht mehr wählen konnten. Es entstand die paradoxe Situation, dass trotz weiterhin bestehender Nachfrage das Unternehmen die Strecke Indien <> USA nur noch sehr eingeschränkt bediente. 

Durch die einseitigen Kapazitätsreduzierungen des Unternehmens konnten Konkurrenten die entstandene Lücke schnell füllen und den vormals überragenden Marktanteil des Unternehmens erheblich verringern. Die einstige Monopolstellung wurde durch ein kurzfristig orientiertes Yield-Management untergraben, das die langfristige strategische Bedeutung des indischen Marktes außer Acht ließ.  

Der langfristige Schaden 

Die Entscheidung des Unternehmens, Indien zu vernachlässigen, hatte gravierende Auswirkungen. Als der indische Markt einige Jahre später deutlich an Bedeutung gewann, fand sich das Unternehmen in einer geschwächten Position wieder, geprägt durch reduzierte Marktanteile und eine geschwächte Verhandlungsposition. Das Unternehmen wurde von einem Marktführer zu einem Anbieter unter vielen, was die Chancen, in einem der weltweit am schnellsten wachsenden Märkte erfolgreich zu agieren, erheblich einschränkte. 

Der langfristige Schaden wurde evident, als der Fokus wieder global auf den indischen Markt gerichtet wurde. Der indische Markt, unterstützt durch eine jährliche Wachstumsrate des BIP von über 6%, und mit einer steigenden Mittelschicht, die zunehmend international agiert, wurde ein Schlachtfeld mit verstärktem Wettbewerb und reduzierten Margen.  

Der Marktanteil des Unternehmens fiel dramatisch, und die Aufträge sanken entsprechend. Andere Logistikanbieter erhöhten ihre Frequenzen und Kapazitäten, um die Nachfrage zu bedienen. Indische Kunden, eine an sich treue Kundengruppe, die Wert auf Qualität und Zuverlässigkeit legt, wandten sich den Konkurrenten zu.  

Die Analyse 

Die Ironie der Situation liegt in der Tatsache, dass das ursprüngliche strategische Ziel des Unternehmens einst darin bestanden hatte, das führende europäische Logistikunternehmen in Indien zu werden. Diese Vision konnte jedoch nur realisiert werden, wenn der USA-Indien-Korridor effektiv bedient wurde. Hier traten Managementfehler und ein übermäßig fokussiertes Yield-Management in den Vordergrund.  

Die Aussicht in die Zukunft  

Indien wird prognostiziert, bis 2025 seinen Umsatz in der Logistikbranche auf 380 Milliarden US-Dollar zu steigern und bereits vor dem Ende dieses Jahrzehnts zur drittgrößten Wirtschaftsnation der Welt zu werden. Unser Fallbeispiel unterstreicht die kritische Bedeutung einer ausgewogenen und zukunftsorientierten Wachstumsstrategie. Unternehmen, die in wettbewerbsintensiven und dynamisch wachsenden Märkten wie Indien agieren, müssen daher kurzfristige Gewinne und langfristige Marktpräsenz sorgfältig abwägen.   

Yield-Management, so entscheidend es für die Optimierung von Einnahmen ist, muss im Kontext einer umfassenderen, strategischen Vision betrachtet werden. Im globalen Wettbewerb, insbesondere in florierenden Märkten wie Indien, ist eine dynamische, flexible und zukunftsorientierte Sicht unerlässlich, um nachhaltigen Erfolg und Wachstum zu sichern. Die Fähigkeit, kurzfristige Gewinne gedanklich auszublenden und die langfristigen Auswirkungen von heute getroffenen Entscheidungen zu erkennen, wird die Unternehmen definieren, die in den kommenden Jahren an der Spitze stehen werden.  

 

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