Warum Sie beim Joint Venture Zeit, Geduld und persönliche Ressourcen in die Phase VOR der Vertragsunterzeichnung legen sollten.
Der richtige Joint Venture- Partner scheint gefunden und nun soll es umgehend an die konkrete Vertragsgestaltung gehen. Zu diesem Zweck legt Ihnen Ihr zukünftiger indischer Partner ein umfangreiches „Term Sheet“ vor, anhand dessen über die weiteren operativen Schritte diskutiert werden soll – ein anwaltliches Dokument, dass bereits weitreichende rechtliche Pflöcke setzt. STOPP.
An dieser Stelle sollten Sie innehalten, denn ein Joint Venture-Vertrag sollte als Quintessenz am Ende eines Diskussionsprozesses stehen und die gemeinsam getroffenen Vereinbarungen zusammenfassen, nie zu Beginn der Vertragsverhandlungen.
Wir haben in unserer langjährigen Praxis bereits so viele Joint Ventures „beerdigt“, wie wahrscheinlich niemand sonst auf dem Markt. Und der Grund für das Scheitern dieser Joint Ventures lag meist in der fehlenden Zielkongruenz der Partner zu Beginn.
Überdenken sie immer, dass das Scheitern eines solchen Joint Ventures nicht nur das Führen zermürbender Grabenkämpfe bedeutet, sondern meist auch mit einem immensen Geldverlust einhergeht – und das alles, weil Ziele, Prinzipien, Erwartungshaltungen zu Anfang nicht ausreichend herausgearbeitet und kommuniziert wurden.
Kommunikation in Indien funktioniert jedoch anders als in unserem westlichen Kulturkreis. „Vertrauen auf Vorschuss“ gibt es in Indien nicht, ein „offenes Wort“ auszutauschen ist schwierig, westliche Unternehmen sind zu ungeduldig und ungeübt darin, sog. „Socializing Small Talk“ zu führen. Genau diese Investition von Zeit, Geduld und persönlichen Ressourcen zu Beginn ist aber eine zutiefst sinnvolle. Wir haben in unserer jahrelangen Praxis immer wieder den Fall gesehen, dass vorschnell in gemeinsame (Vor-)Vertragsverhandlungen gegangen und technische Fragen geklärt wurden, obwohl elementare (Beziehungs-)Fragen zwischen den Joint Venture Partner noch nicht abschließend beantwortet waren.
1.Was möchten wir miteinander erreichen? Warum verfolgen wir unsere Ziele nicht allein? Welchen Mehrwert soll der andere Partner uns bringen?
Stellen Sie sich die Frage, welchen nachweislichen Mehrwert Ihnen eine Zusammenarbeit zur Alternative des Alleingangs bietet. Marktkenntnis, Kontakte, geeignete Grundstücksflächen etc. finden Sie auch selbst.
2.Was sind unsere wechselseitigen Erwartungen an den anderen Partner? Was sind wir bereit, einzubringen?
Welche Eigenschaften und Fähigkeiten des indischen Partners setzen wir als wesentlich voraus? Verfügt er überhaupt über diese? Kann und will er sie dem Joint Venture bereitstellen? Hier ist eine Phase umfassender Recherche und ehrlicher Klärung erforderlich, typischerweise ein schrittweises Abtasten mit steigendem Umfang. Niemand gibt gerne zu viel anfänglich von sich preis. Transparenz über essenzielle Fragen ist aber unabdingbar, bevor man sich an den Partner bindet.
3.Was darf auf keinen Fall passieren? Was möchte auch die indische Seite auf jeden Fall vermeiden? Können wir gemeinsam darüber reden, unsere Ängste und Bedürfnisse platzieren?
Wechselseitig Kenntnis von den eigenen „No-Gos“ und Bedürfnissen zu haben, ist ein elementarer Bestandteil der zukünftigen Zusammenarbeit. Für Sie als westliches Unternehmen ist es entscheidend, bereits in diesem frühen Stadium verlässlich zu wissen, ob auch die indische Seite bereit ist, bei unangenehmen Themen Offenheit und Transparenz zu zeigen – auch wenn dieses Verhalten den indischen kulturellen Gepflogenheiten widerspricht.
4.Welche „hidden agenda“ gibt es jeweils? Wie sehen die Aktivitäten Ihrer Unternehmen außerhalb des gemeinsamen Joint Ventures aus?
Jeder Beteiligte hat Ziele und Wünsche, die er dem Gegenüber nicht offen kommuniziert. Indische Unternehmen benötigen z.B. oftmals einfach Kapital, technisches westliches Know-How, Lizenzen und haben deshalb ein großes Interesse an einer Kooperation. Sie dagegen möchten vielleicht einfach Ihren „Global Footprint“ vergrößern, suchen lediglich Kontakte, verschweigen beabsichtigte Veräußerung von Geschäftsbereichen des Stammhauses, die für die indischen Partner Grundlage der Zusammenarbeit sind. Wechselseitige Ehrlichkeit steigert den Zusammenhalt langfristig – sollte der Partner bei Offenlegung der „hidden agenda“ aus dem gemeinsamen Projekt aussteigen wollen, so ist dieses Scheitern vor dem eigentlichen Start die bessere Alternative im Gegensatz zu einer späteren langwierigen Auseinandersetzung.
5.Wie möchten wir miteinander arbeiten, welche Firmenkultur leben? Welche kulturellen Brücken gilt es zu bauen?
Die meisten Joint-Ventures scheitern immer noch an den sog. „weichen Faktoren“ der interkulturellen Zusammenarbeit. Ihr westlicher Management-Stil wird voraussichtlich weniger autoritär als in Indien üblich und notwendig sein. Sie werden von Hause aus einen anderen Umgangston in HR-Belangen kennen. Ihr Kommunikationsstil und Ihre Fähigkeiten zum Kompromiss werden divergieren.
Lesen Sie hierzu auch unseren Artikel „den Culture Clash bei Joint Venture in Indien verhindern“
Scheuen Sie sich nicht, auch dieses Thema mit Ihrem Gegenüber zu besprechen. Aus dessen Reaktion lesen Sie wichtige Verhaltensweisen für die Zukunft ab.
6.Wie stellen wir uns die Zukunft unseres gemeinsamen Investments vor? Wo soll dieses in 5 bzw. 10 Jahren stehen? Was möchten wir dann erreicht haben?
Ihr indisches Gegenüber möchte in Anbetracht des gemeinsamen Unternehmenserfolgs u.U. zügig einen IPO vorbereiten. Sie wünschen sich statt eines Börsengangs vielmehr die Strukturen Ihres inhabergeführten mittelständischen Familienunternehmens fortzusetzen. Sie streben ein nachhaltiges Unternehmenswachstum an, während Ihr indischer Partner möglichst kurzfristiges „Return on Investment“ anstrebt. Thematisieren Sie diese Dinge in den Vorbesprechungen offen.
7.Wie soll unsere Exit-Strategie aussehen? An welchem Punkt möchten wir wie auseinandergehen?
Wie in jeder Ehe gibt es auch im Joint Venture Höhen und Tiefen. Sie sollten bereits zu Anfang offen mir Ihrem indischen Partner thematisieren, an welchem Punkt Sie das Gemeinschaftsunternehmen wieder auflösen wollen und wie dies geschehen soll, damit es für alle Beteiligten fair bleibt. So wie Sie, ist sich auch Ihr indisches Gegenüber der Tatsache bewusst, dass die meisten Joint Ventures nach ca. 5 Jahren „geschieden“ sind.
Ihr Joint Venture soll ein prosperierendes Gemeinschaftsunternehmen werden. Wir können Ihnen dafür wertvolle Tipps geben und Sie umfassend unterstützen, denn wir haben persönlich vor Ort Joint Venture Partnerschaften in zahlreichen verschiedenen Branchen und Stadien begleitet. Rufen Sie uns gerne an oder vereinbaren Sie ein unverbindliches Gespräch.